Fanconi Anämie

Die Fanconi-Anämie (FA) ist eine seltene Erbkrankheit (Häufigkeit   ̴1 in 130.000 Geburten), bei der es zu einer vermehrten Brüchigkeit der Chromosomen (Träger der menschlichen Erbinformation) kommt. Ursächlich sind hierfür Mutationen in den FANC-Genen, die für die DNA-Reparatur der Chromosomen verantwortlich sind. Durch die gestörte DNA-Reparatur kommt es zu einer Instabilität der Chromosomen und einer erhöhten Anfälligkeit für eine DNA-Schädigung. Es sind mehr als 23 FANC-Gene und FA-assoziierte Gene bekannt, wobei am häufigsten Mutationen in FANCA, FANCC und FANCG vorliegen.

Die Fanconi-Anämie ist durch eine Erniedrigung aller drei Blutzellreihen (sog. Panzytopenie), ein Knochenmarkversagen, angeborene Fehlbildungen sowie ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen gekennzeichnet. Fehlbildungen treten bei circa 2/3 der Patient*innen auf. Typisch sind ein Kleinwuchs, Pigmentstörungen der Haut (sog. „cafe-au-lait“-Flecken), Fehlbildungen des Bewegungsapparats (z.B. Hand- und Daumenfehlbildungen, Fußfehlstellungen), der Nieren/Harnwege, des Herzens, des Magen-Darm-Trakts, Ohrfehlbildungen mit oder ohne Hörverlust, hormonelle Störungen (z.B. Wachstumshormonmangel, Schilddrüsenunterfunktion, Störung der Geschlechtshormone) und neurologische Auffälligkeiten (z.B. Entwicklungsverzögerung, psychosoziale Auffälligkeiten).

Die Diagnostik der Fanconi-Anämie beinhaltet die Untersuchung der durch Diepoxybutane (DEB) oder Mitomycin C (MMC) induzierten Chromosomenbrüchigkeit sowie in einem zweiten Schritt eine genetische Untersuchung der FANC-Gene.

Die Therapie von Patient*innen mit Fanconi-Anämie richtet sich nach den jeweiligen Problemen. Die meisten Patient*innen benötigen regelmäßige Bluttransfusionen aufgrund der Panzytopenie, die bei circa 90% der Patient*innen im Alter von 40 Jahren vorliegt. Zur symptomatischen Behandlung gehört auch eine Behandlung mit Androgenen (z.B. Danazol, Oxymetholon) oder Zytokinen (z.B. G-CSF), die die Blutbildung im Knochenmark stimulieren. Bei angeborenen Fehlbildungen sind teils Korrekturoperationen notwendig. Bei Hormonstörungen sollte zudem eine Hormonersatztherapie erfolgen.

Aktuell ist eine Knochenmarktransplantation die einzige kurative Behandlung der Panzytopenie. Eine Gentherapie, bei der im Reagenzglas das defekte FANC-Gen in den körpereigenen Stammzellen repariert wird und dann dem Patient*innen zurückgegeben wird, ist eine neuartige und vielversprechende Therapie, die aktuell im Rahmen von Studien untersucht wird.

Aufgrund des erhöhten Krebsrisikos sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt, HNO-Arzt, Hautarzt und Frauenarzt sowie der Verzicht auf Alkohol, Tabak und unnötige Strahlenexposition durch Sonnenschutz und Vermeidung von Röntgenstrahlung wichtige Bestandteile des Managements.

Assoziierte Neoplasien

Patient*innen mit einer Fanconi-Anämie haben aufgrund der erhöhten Chromosomenbrüchigkeit ein vielfach erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen des blutbildenden Systems oder für solide Tumoren.

Das myelodysplastische Syndrom (MDS) ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Patient*innen mit Fanconi-Anämie. Das Risiko für ein MDS ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung 6000-fach erhöht. Die zweithäufigste Krebserkrankung bei Fanconi-Anämie (700-fach erhöhtes Risiko) ist die akute myeloische Leukämie (AML).

Zudem haben FA- Patient*innen ein 50-fach erhöhtes Risiko für Karzinome im Kopf-Hals-Bereich (z.B. der Mundschleimhaut oder Speiseröhre) sowie des Anogenitalbereichs (Vulva, Vagina, Gebärmutterhals, Anus). Dieses Risiko nimmt mit dem Alter zu.

Links zu weiteren Informationen

Kontakt

Deutsches Fanconi-Anämie Register

Prof. Dr. med. Christian P. Kratz

Medizinische Hochschule Hannover

Klinik für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie

6780 Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover

Telefon +49 (511) 532 6711 Fax +49 (511) 532 9120

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